AUSSTELLUNG
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ESTER VONPLON
7. März - 12. April 2024
ÜBER DIE AUSSTELLUNG
© Mireille Wunderly, Sinkende Blüten auf grün I, 100 x 75,5
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Über das Nachhallen der Natur
Lässt sich Schnee festhalten? Mit blossen Händen ist das kaum möglich. Die zarten Kristalle lösen sich in der warmen Hand auf und das zurückbleibende Wasser rinnt unaufhaltsam durch die Finger. Aus den Fotografien von Ester Vonplons schimmert stets eine gewisse Wehmut, die sich mit dem Verschwinden auseinandersetzt. Im Jahr 2014 betitelt sie eine Serie von Aufnahmen mit der melancholischen Frage: «Wohin geht all das Weiss, wenn der Schnee schmilzt».
Können wir die Zeit, den Lauf des Universums, aufhalten? Die Erde, unseren Lebensraum – können wir sie bewahren? «Wie viel Zeit bleibt der Endlichkeit», fragt die Künstlerin im Jahr 2016. Ester Vonplon reflektiert in ihren Fotoarbeiten die Essenz ihrer Technik, die Susan Sontag am treffendsten beschrieben hat: «Jede Fotografie ist eine Art memento mori. Fotografieren bedeutet Teilnehmen an der Sterblichkeit, Verletzlichkeit und Wandelbarkeit anderer Menschen (oder Dinge)» (1977).
Mit dieser Zartheit des Festhalten-Wollens folgt Esther Vonplon der Natur, dem Schnee und dem Wald, mit Kameras, die unterschiedliche Bildformate und Ausschnitte zulassen. Die Polaroid-Technik ermöglicht die Belichtung eines Papiers mit einer speziellen Fotoemulsion, auf dem bereits nach wenigen Sekunden ein Abdruck der Wirklichkeit erscheint. Das relativ sensible Filmmaterial reagiert dabei auf die vielfältigen Einflüsse der freien Natur – Feuchtigkeit oder unterschiedliche Temperaturen – und lässt Farbveränderungen oder kleine Risse in der Oberfläche entstehen.
Vonplon führt ihre Kameralinse entlang der faszinierenden Spuren von Schnee und Eis. Seien es die sanften Formen der Steine unter der Schneedecke, ähnlich kleiner Hügellandschaften oder die geheimnisvollen eingeschlossene Luftblasen, Risse und Rillen. Auf beeindruckende Weise gelingt es ihr, eine Art Fotogramm von Schneeflocken zu erzeugen und verwandelt das Fotopapier in ein letztes Zeugnis des Schnees. Dabei oszilliert Vonplon zwischen filigranen Details wie Eiskristallen, Pflanzen oder Wassertropfen und majestätischen Eisbrüchen, Gletschern oder endlosen Weite des Himmels. Während die Aufnahmen des tief verschneiten Waldes unweit ihres Wohnortes Castrisch im Tal des Vorderrheins eine beinahe intime Nähe vermitteln und das Gefühl des Eingeschlossen-Seins hervorrufen, entfalten ihre Filmaufnahmen der arktischen Gletscher eine fast überwältigende Weite. Das Eis strahlt in seiner Leuchtkraft, Transparenz und zarten Anmut, das Licht erscheint magisch und surreal. Vonplon verleiht dem Licht eine besondere Bedeutung, wenn sie von den für unsere Augen aussergewöhnlichen Lichtwirkungen berichtet, die sie auf ihrer Arktisreise erlebt hat.
In Vonplons Fotografien erscheint die Natur wie durch einen Filter betrachtet, als stamme das Bild aus einer anderen Zeit oder aus einem Traum. Sind sie tatsächlich ein Abdruck der Wirklichkeit? Oder vielmehr nur ein Nachhall, ein Echo? Ein Gefühl einer Zwischenwelt entsteht, in der die Landschaft ihre greifbare Substanz zu verlieren scheint, vor unseren Augen verschwindet und sich auflöst, wie der zarte Schnee in unserer Hand. Die Bilder sprechen von Verlust und zeigen uns das, was wir zu verlieren drohen.